Atmen

Ich komme an. In Räumen, die unstimmig nach Fremde riechen, mit Ängsten, die leise den Nacken heraufkriechen. Ich stehe am Fenster, bin still und will ... atmen. 

Doch es dauert einen Moment. Wie in Zement meine Füße, mein Herz und auch Gedanken, die sich ranken darum, ob ich das alles schaffe, es richtig mache, keine halben Sachen, nichts vergesse, nichts auslasse, alles Gelernte hineinlasse in meinen Alltag, in meinen Rhythmus. Nicht vergesse, was alles mit muss. 

Mitmüssen. Einbauen. Alles woran ich mich halten kann. Wenn es eng wird, die Brust und mein Leben, das Streben danach, jeden Tag mehr nach vorne zu sehen. Neue Muster zu etablieren, zu verankern. Atmen. Sich halten, daran und mich fest, nicht mehr aus, sondern die Waage. Halten. 

Ein Versprechen welches ich mir gab: zu mir zu halten.

Ich stehe immer noch am Fenster. Die Gedanken zu schnell, wie Adler beim Sturzflug, sich stürzend auf unsichere Beute, die heute mein Wanken ist, mein Schwanken ist, die Unsicherheit meiner Mitte ist. Ich ermahne mich, denke ans Atmen, an nicht zu viel denken und damit Leben zu verschenken... sondern einfach zu leben eben. 

Ich versuche zu spüren, die Anker aus Achtsamkeit, die Schultern zu senken. Gelassenheit.

Irgendwo eine Melodie, ein Lied, ein paar Töne und in mir eine Stimme, ein Flüstern nur. Und es sagt: Atmen. Ein und aus und mit jedem Zug tiefer, die Herzräume füllen und fließen lassen, Wurzeln in Heimat sinken lassen. Loslassen, alte Muster und neue erleben, weniger drüber reden. Und noch mehr... atmen.  

Und dann ist es so weit. Tür öffnen, das Leben empfangen, spüren, wie es über mich herfällt mich einhüllt und ausfüllt, das Lachen der Kinder, Arme, die mich umfangen, ich aufhöre zu bangen um Versprechen und glauben kann, dass ich richtig bin, dass ich atmen kann.

Landen. Auf dem Sofa mit Kindern und Hund und... dem Gefühl, es ist gut. So wie es gerade ist. Mit allem Alten und allem Neuen. Mit meinem Streben, meinem Leben, dem Halten und dem Lassen und mich selbst an der Hand fassen, um weiterzugehen.

Ich spüre Reichtum in meinem Herzen, welches offener ist, erreichbarer und auch betroffener ist. Ich spüre Schätze in mir, schenke Rotwein ein, lasse mich tiefer sinken in Vertrauen, woran ich baue, worum ich rang...wochenlang.

Die erste Nacht im eigenen Bett . Ein Aufwachen ein Einschrauben nochmal tiefer in die Decke. Ein Sonnenstrahl der mich weckt, verdeckt das kurze Gefühl von Fremde beim ersten Augenaufschlag. Für einen Moment nicht rühren wollen. Und wieder gestrandete Gedanken. Ein Gefühl von Anders, von Besonders, von Neuanfang und ich hangel mich entlang, an Altem und Neuen und fange an, mich zu freuen. Über das was ich hab, über das, was ich mir gab, auf das, was vor mir liegt. 

Und als ich meinen Rucksack öffne um zu sehen, was ich trage, zu sehen, was ich habe... so ist es nach langer Zeit nicht ein Trauerstein, den ich als erstes halte, der sich vorschiebt und verdeckt, alles andere, was unter ihm steckt...

was ich als erstes halte, ist ein Stein der bedeutet: Du darfst sein!