Um dich zu vergessen, vergesse ich den Winter, die Weihnachtsbeleuchtung, den Adventskalender und hin und wieder sogar mich. Ich gehe Schritte, die ich vergesse,
packe Dinge in Kartons, in den Schrank und in den letzten Winkel meines Herzens. Damit ich vergesse. Ich vergesse die Hoffnung, den Mut, das Atmen, das Träumen und manchmal sogar, wie sehr
Berührungen Leben retten. Ich rette mich. Vor allem, was mich nicht vergessen lässt, mir auflauert, mich überfällt, wie Diebe in der Nacht wie Wildschweine, die auf Straßen durch Wälder stehen
und glotzen und vergessen.
Und dann vergesse ich vielleicht... bis zum nächsten dünnhäutigen Moment, der nächsten schutzlosen Nacht, dem nächsten Kerzenlicht, in das ich zu lange
blicke.
Wenn das Vergessen nicht gelingt, versuche ich es mit Schreien. Meistens in mich hinein. Wieso schreie ich es nie heraus? Nein, ich schreie in mich hinein, wo die
Schreie noch mehr Schaden anrichten, Trümmer hinterlassen. Dabei bin ich doch eigentlich schon voll davon. Voll von Fragen, von Abschieden und Zerreißproben, die zerreißen, was nicht zu proben
war.
Ich hänge Sterne in Fenster, die wir gemeinsam kauften, zähle Schrauben, die ich für locker befunden habe, anstatt sie festzudrehen. Drehen. Im Kreis. Und immer
wieder vorne anfangen.
Ich möchte Geschichten schreiben und lande bei dir, stoße auf Tränen, die ich nicht weinen will, weil ich gerne wieder klaren Blick hätte. Und lande doch genau da.
Dabei, dass dein Leben weitergeht und dir nicht auffällt, dass ich aus dem Fenster starre, als kämest du gleich in die Einfahrt gefahren. Wo ich stehe und warte, in Erwartung, in Hoffnung, mit
meinem Sehnen mir ins Gesicht geschrieben. Ich lande dort, wo es nicht weitergeht, wo die Zeit stehenbleibt, wo es wehtut, wo du in Erinnerungen meinen Schal zurechtzupfst mich beiläufig küsst
und ich weiß, dass kein Kuss beiläufig war. Doch du lebst weiter.
Ohne mich.